Das Porsche Teilevertriebszentrum (TVZ) in Wals ist Dreh- und Angelpunkt für die Versorgung der Servicebetriebe mit Ersatzteilen für die Marken VW, Audi, SEAT, ŠKODA und Porsche in 18 Ländern. Unser Teilelogistiksystem ETN bildet das oberste Glied dieser Versorgungskette und unterstützt den gesamten Ersatzteile-Prozess vom TVZ zu den Servicebetrieben bzw. den Importeuren in unseren Partnerländern.
Im Jänner 2019 hat das TVZ in enger Co-Creation mit unserem ETN-Team ein umfangreiches Digitalisierungsprojekt gestartet. In Anlehnung an die Technologietrends Industrie 4.0 und Logistik 4.0 wurde das Projekt „TVZ 4.0“ genannt. Im Projekt wird der Auslieferprozess der Ersatzteile, von der Kundenbestellung bis zum fertig verpackten Ersatzteil, neu gedacht.
Von „Push“ zu „Pull“
Analysen des bestehenden Prozesses haben mehrere Schwachstellen gezeigt, darunter lange Durchlaufzeiten, Sortieraufwände oder auch Fehler im Prozess. Im Zuge von TVZ 4.0 hat das Projektteam diesen Ablauf einem kompletten Re-Design unterzogen: Aus einem „Push“-Prozess, bei welchem eine zentrale Leitstelle die Lagermitarbeiter steuert, wurde ein „Pull“-Prozess, bei dem sich die Kolleg*innen im Lager ihre Arbeitspositionen selbst abrufen.
Für den neuen digitalisierten Prozess werden alle 150 Mitarbeiter*innen im Lager mit mobilen Endgeräten ausgestattet:
- einem Scanhandschuh – damit bleiben immer beide Hände frei
- ein mobiler Etikettendrucker zum Ausdrucken der Labels direkt am Mitarbeiter
- sowie ein tragbares Endgerät (iPod-Touch oder iPad).
Komplexe Logik, einfaches Interface
Über das Display werden die Mitarbeiter*innen wie mit einem Navigationsgerät an den richtigen Lagerort geleitet. Dort scannen diese zur Überprüfung mit dem Scanhandschuh den Lagerort und der mobile Etikettendrucker druckt sofort das richtige Etikett aus. Das User-Interface ist dabei auf die absolut notwendigen Informationen beschränkt: Welche Position muss wo und in welcher Menge ausgefasst werden. Nur bei Problemen, etwa einem beschädigten Teil, wird eine Detailansicht aufgerufen.
Das komplexeste Thema im Zuge des Re-Designs war die Wegeoptimierung der Mitarbeiter. ETN sorgt im neuen Prozess mit einer komplexen Logik dafür, dass innerhalb von Sekundenbruchteilen alle wichtigen Parameter berücksichtigt werden:
- Der kürzeste Weg, auf dem möglichst viele Positionen abgegriffen werden.
- Die Dringlichkeit – hier werden jetzt u.a. auch die Abfahrtszeiten der Speditions-LKW berücksichtigt
- Die gleichmäßige Auslastung der nachfolgenden Lagerbereiche wie Verpackung oder Sortierung
- Die Kommissionierwege der KollegInnen, damit man sich gegenseitig keine Positionen wegnimmt
Anders als im alten Prozess steuert ETN jetzt auch die interne Behältertransportanlage. Dadurch kann das System in viele Prozesse eingreifen, etwa Behälter umleiten, wenn Packstände im Spätdienst zusammengelegt werden.
Prozessoptimierung auf allen Ebenen
An der Sortierstation werden die MitarbeiterInnen über ein „Put-to-Light System“ rasch und fehlerfrei an den richtigen Behälter geführt. Fehleinwürfe werden über ein Sensor-Grid verhindert. Lichtleitlogiken kommen auch an der Verpackungsstation zum Einsatz und ermöglichen dort weitere wesentliche Prozessoptimierungen.
Durch das durchgängige Tracking aller Prozesse kann das TVZ-Team jetzt potenzielle Probleme frühzeitig erkennen und schnell darauf reagieren. Diese Transparenz und Datenfülle öffnet in Zukunft die Türen in Richtung Big Data und Machine-Learning zur weiteren Optimierung.
Umfassendes Change-Management
Die größte Herausforderung für das Projektteam war die Integration im laufenden Betrieb. Das TVZ darf keinen einzigen Tag stillstehen. Wichtig war auch ein umfassendes Change-Management. Der neue Prozess bedeutet eine radikale Änderung der Arbeitsabläufe. Daher war es enorm wichtig, die Mitarbeiter*innen von Anfang an in die Entstehung der neuen Prozesse mit einzubinden.
Seit Ende August befindet sich das „TVZ 4.0“ bereits in der Pilotphase, in welcher die neuen Prozesse bereits, parallel zu den bestehenden Abläufen, auf Herz und Nieren getestet werden. Das Feedback der Mitarbeiter*innen ist insgesamt sehr positiv. Vorschläge zum Fine-Tuning, Verbesserung der Ergonomie sowie zu softwareseitigen Anpassungen fließen schrittweise in die Verbesserung des Prozesses ein.
Im Juni dieses Jahr wurde das Projekt mit dem Change Award der Porsche Informatik in der Kategorie „Innovation“ ausgezeichnet. Sehr verdient, wie wir finden – wir gratulieren dem gesamten Team sehr herzlich!